Seite 2 ’s Blättle Nr. 23 / 6. Juni 2024 Informationsseite Die Kommunalen Landesverbände haben am 6. Mai 2024 die nachfolgende Pressemitteilung „Kommunen amLimit – Anspruch und Wirklichkeit in Einklang bringen“ veröffentlicht. Unsere sechs Gemeinden unterstützen die Presseerklärung, da die Belastungsgrenzen der Gemeinden längst überschritten sind. Kommunen am Limit – Anspruch und Wirklichkeit in Einklang bringen Stuttgart. Die Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand, Handlungsspielräume gibt es so gut wie nicht mehr. Ein zunehmend akuter Mangel an qualifiziertem Personal und knappe Kassen führen zu einer Diskrepanz zwischen zugesagter Aufgabenerfüllung und der tatsächlichen Umsetzung vor Ort. Die kommunalen Strukturen geraten dadurch immer mehr unter Druck. Um die aktuellen Herausforderungen bewältigen zu können und Perspektiven für die Zukunft zu haben, brauchen die Kommunen verlässliche und erfüllbare Rahmenbedingungen für die vielen drängenden Themen und zugleich Finanzierungszusagen, die nachhaltige Handlungssicherheit geben. Mit eindringlichen Appellen wandten sich die drei Kommunalen Landesverbände, Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag Baden-Württemberg, jetzt an die Landes- und auch an die Bundespolitik. Die Kommunen müssten handlungsfähig bleiben. „Wir wollen, dass unsere Kommunen weiterhin lebenswert, stark und funktional für alle bleiben – Bund und Land müssen dafür eine belastbare Grundlage schaffen.“ Den Städten, Gemeinden und Landkreisen wurden in den vergangenen Jahren immer neue Aufgaben übertragen, bestehende Aufgaben wurden erheblich ausgeweitet – eine sachgerechte Finanzierung blieb allerdings aus. Die Folge: Immer mehr Kommunen können keine ausgeglichenen Haushalte vorlegen. Mobilität „Dieser Zustand ist alarmierend und gefährdet langfristig die effektive Erfüllung unserer Aufgaben, und damit auch das Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger. Sie spüren es jetzt schon an vielen Stellen – und das wird mehr werden, wenn wir das Ruder nicht herumreißen,“ so Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, Präsident des Städtetages. „Wenn das Land eine Verdopplung der Fahrgastzahlen im ÖPNV bis zum Jahr 2030 anstrebt, muss es dafür auch den Rahmen setzen. Der Bund hat mit seinem Deutschlandticket für eine Vergünstigung bei den Fahrpreisen gesorgt. Was dabei im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke geblieben ist, ist der dringend notwendige Ausbau der Infrastruktur. In unseren Städten drängen sich immer mehr Fahrgäste in den Bussen und Bahnen – die Kapazitäten sind erschöpft. Das Land selbst hat im Koalitionsvertrag eine Mobilitätsgarantie angekündigt, die für ein flächendeckend gutes ÖPNV-Angebot im Lande sorgen soll. Allerdings droht die Umsetzbarkeit schon jetzt an fehlenden Mitteln wie auch am fehlenden Personal zu scheitern. Selbst wenn man Abstriche macht von den hohen Standards des Koalitionsvertrags, wird die Mobilitätsgarantie rund 180 Millionen Euro jährlich kosten – die das Land nicht bereit ist aufzubringen.“ Wärmeplanung und Wärmenetze Beim kommunalen Klimaschutz sehe man das gleiche Prinzip, so Mentrup weiter: „Der Umbau der Wärmeversorgung steht weit oben auf der klimapolitischen Agenda – auch in den Kommunen. Die Großen Kreisstädte und Stadtkreise in Baden-Württemberg waren verpflichtet, eine Wärmeplanung zu erstellen, mit dem Ziel einer klimaneutralen Wärmeversorgung ab 2040. Mit gesetzlichen Vorgaben und Plänen ist es aber nicht getan – jetzt muss an zahlreichen Stellschrauben gedreht werden, um die Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbarenWärme in den Kommunen zu verbessern. Ein entscheidender Aspekt ist die Finanzierung des kommunalen Wärmenetzbaus: Die Kommunen werden ihre zusätzlichen Investitionen in den Klimaschutz nicht aus Rücklagen oder laufenden Einnahmen decken können – wir reden hier von hohen zweistelligen Milliardenbeträgen in den kommenden Jahren. In jedem Fall muss nun endlich das Land wieder in eine Förderung energieeffizienter Wärmenetze einsteigen. Parallel muss auch der Bund seine Förderungen massiv ausweiten. Zusätzlich brauchen die Kommunen durch Erleichterungen bei der Kreditaufnahme einen größeren Handlungsspielraum vor Ort. Wir wollen aktiv mitgestalten – aber das geht nicht mit gebundenen Händen.“ Fluchtmigration Landkreistagspräsident Joachim Walter betont: „Vier von fünf Landkreisen konnten ihre Haushalte für 2024 nur noch dadurch retten, dass sie ihre letzten Rücklagen zusammengeklaubt haben. Sie stehen jetzt quasi nackt da. Dies ist erschreckend. Wenn nun noch die überfälligen Erstattungsleistungen des Bundes und des Landes für den Sozial-, Klinik- und Geflüchtetenbereich ausbleiben, wird es die Kreishaushalte zerreißen.“ „So sind allein in den Jahren 2022 und 2023 rund 250.000 Menschen nach Baden-Württemberg geflüchtet“, unterstreicht Walter: „Diese Menschen müssen von den Kommunen untergebracht und versorgt werden. Für das laufende Jahr 2024 ist für die kommunale Ebene von ungedeckten Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro auszugehen. Während andere Bundesländer bereits reagiert haben und ihre Kommunen zusätzlich unterstützen, hat Baden-Württemberg seinen Landkreisen, Städten und Gemeinden bislang noch nicht unter die Arme gegriffen.“ Kliniken Walter hebt hervor: „Geradezu dramatisch ist die Situation im Klinikbereich. In diesem Jahr werden die hiesigen Krankenhäuser Defizite von 900 Millionen Euro anhäufen. Hier trägt zwar zweifellos der Bund die Hauptverantwortung. Allerdings kommt auch das Land seiner Rechtspflicht nur unzureichend nach, die Investitionen in Kliniken zu finanzieren. So müsste die Investitionsförderung um 350 Millionen Euro erhöht werden. Insbesondere die für moderne Geräte und die Digitalisierung so wichtige Pauschalförderung muss um 100 Millionen Euro angehoben werden. Was es jetzt in jedem Fall ganz schnell braucht, ist ein mit 300 Millionen Euro dotiertes Nothilfeprogramm des Landes für die Kliniken. Andernfalls sehen wir eine deutliche Gefahr für die Patientenversorgung. Das Land hat den Kreisen den Sicherstellungsauftrag für die Krankenhäuser übertragen. Es liegt daher auf der Hand, dass das Land in der gegenwärtigen Notsituation nun auch finanziell einspringen muss.“ Schulische Inklusion „Auch im Bereich der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen öffnet sich die Schere zwischen zunehmender Aufgabenlast und unzureichender Finanzierung immer weiter. So zeigt sich beispielsweise das System Schule immer weniger in der Lage, Kindern und Jugendlichen mit besonderen Bedarfen gerecht zu werden. Infolgedessen explodiert die Zahl der externen Schulbegleitungen, die von den Kreisen als Lückenbüßern bereitgestellt werden müssen. Die Kosten von über 140 Millionen Euro jährlich belasten die Kreise massiv“, so Walter. „Gerade weil sich die Landkreise für einen funktionierenden Sozialstaat verantwortlich fühlen, müssen auch hier Anspruch und Wirklichkeit endlich wieder zusammengeführt werden. Dies muss Politik leisten. Das ist ihr Auftrag,“ stellt Landkreistagspräsident Walter klar.
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